Naturschutzgebiet Die Moiedtjes

Ortrun Heine, Foto: Otto de Zoete

Ortrun Heine ist Schutzgebietsbetreuerin für dieses kleine Naturschutzgebiet westlich von Emmerich, direkt an der niederländischen Grenze. Sie erzählt, warum sie das Gebiet so mag und wieso es ein Naturschutzgebiet ist.

Ortrun, was macht Die Moiedtjes für dich besonders?
Das Gebiet ist wild und verwunschen, zum Teil sogar unzugänglich, mit unglaublich vielen Teichen auf kleinem Raum. Das heißt, hier gibt es Tiere und Pflanzen, die in unserer sonst stark entwässerten Landschaft keinen Raum mehr haben: die Keilfleck-Mosaikjungfer zum Beispiel, eine Libellenart oder den Südlichen Wasserschlauch, eine fleischfressende Pflanze.

Was ich auch toll finde: In dem Teil, der dem Land gehört, erobert sich die Wildnis ihren Raum zurück. An manchen Stellen ist dieser Prozess schon stark fortgeschritten, an anderen noch nicht so sehr. Dadurch entsteht eine Vielzahl unterschiedlicher Lebensräume. Das ist gut als Gegenpol zu unseren sonst so aufgeräumten und gleichförmigen Landschaften.

Warum genau sind Die Moiedtjes Naturschutzgebiet?
Das Stichwort dazu ist „Feuchtbiotop“. Hier leben etwa Libellen – 2019 haben wir dort 29 (!) verschiedene Arten gefunden, darunter auch stark gefährdete. Außerdem gibt es hier noch Amphibien – die haben es wegen der trockenen, heißen Sommer inzwischen besonders schwer. Natürlich kommen auch Vogel- und Pflanzenarten vor, die Standorte an bzw. in Gewässern benötigen. Wir haben 2020 den Seidensänger neu entdeckt. Und auch der Eisvogel hat hier ein Zuhause.

Warum sind die Lebensräume in den Moiedtjes so wertvoll?
Weil genau solche Feuchtbiotope gefährdet sind – zum Teil durch die Klimakrise, zum Teil hier vor Ort auch durch den Rheinausbau, der das Grundwasser links und rechts des Flusses absenkt. Ohne Wasser verschwinden diese wertvollen Biotope, die wie kleine Archen von Noah funktionieren.

Wenn wir uns zum Beispiel einmal die Pflanzenwelt in den Moiedtjes anschauen, dann gibt es in den Gewässern gefährdete Pflanzengesellschaften wie die Schwimmlebermoosgesellschaft, die Südliche Wasserschlauchgesellschaft und die Tannenwedelgesellschaft. Gesellschaft heißen die übrigens, weil sie so gesellig sind (lacht). Das ist ein Begriff aus der Botanik, der eine Gruppe von verschiedenen Pflanzen mit ähnlichen Ansprüchen an Klima und Bodenbeschaffenheit zusammenfasst, die zusammen vorkommen.

Dazu wird im landeseigenen Teil des Gebiets mehr Wildnis zugelassen. Zum Beispiel dürfen Bäume, die umgefallen sind, liegenbleiben und deren Totholz bietet dann vielen kleinen Lebenswesen einen Lebensraum.

10 Bilder

Aufnahmen aus dem Naturschutzgebiet Die Moiedtjes

Wie ist der derzeitige Zustand des Gebiets?
Leider derzeit nicht besonders gut: Der Klimawandel und Rheinausbau machen sich immer mehr bemerkbar. Die Niederschlagsmenge und der Grundwasserspiegel sinken. In den letzten Jahren waren die Pegel der Teiche so niedrig wie nie. Das bedeutet, dass große Teile der einzelnen Gewässer austrocknen. Außerdem verschlammen sie stark. Damit sind auch die gerade genannten Pflanzengesellschaften bedroht.

Dazu gibt es noch weitere Probleme. Weil die Gewässer zum Teil durch das möglichst tiefe Abgraben von Lehm entstanden, fehlen Bereiche, wo das Wasser flach ist. Die brauchen etwa Vögel für die Nahrungssuche oder Amphibien. Bei einem der vielen Dämme zwischen den Teichen ist sicher, dass er mit Schwermetall belastet ist. Andere müssten wir noch untersuchen lassen.

Was genau machen wir im Gebiet?
Zu den Grundlagen gehört, die Entwicklung von Biber, Libellen, Amphibien, Brutvögeln, Wasserpflanzen zu verfolgen, also ein Monitoring zu betreiben. Bei so genannten Wert gebenden Arten werden Maßnahmen zu deren Schutz ergriffen. So darf dann etwa keine Ufer- und Grabenpflege erfolgen, wenn etwa Vögel brüten. Dazu bekämpfen wir invasive Arten wie Herkulesstauden oder Bambus. Ganz schlimm ist das Drüsige oder Indische Springkraut.

Ganz wichtig sind Pegelstands-Messungen, um Aussagen zu den Wasserständen treffen zu können. Mit dem Wissen entwickeln wir Maßnahmen, um den Wasserhaushalt langfristig zu stabilisieren. Zum Thema Wasserhaushalt und insbesondere Fluss und Aue haben wir viel Expertise 

In der Zukunft sollen auch einzelne Teiche entschlammt und flache Ufer und kleine Inseln geschaffen werden. Auch das sind dringend benötigte Lebensräume für unsere gefährdeten Arten. Für solche Vorhaben müssen wir aber Projekte beantragen, die dann erst einmal genehmigt werden müssen, damit das notwendige Geld für die Arbeiten zur Verfügung steht.

Kann man Die Moiedtjes betreten oder besichtigen?
Am Teil, der dem Land NRW gehört, führt am Rand entlang ein sehr kurzer Weg. Am besten nutzt man das Fahrrad, wenn man sowieso auf einer Radtour in der Gegend ist. Von Hüthum (bei Emmerich am Rhein) kommend auf der B 8 Richtung Elten biegt man auf etwa halber Strecke links ab in die Straße Am Moddeich, die nach etwa 1,5 km direkt ins Gebiet führt. (Achtung: Durchfahrt nicht möglich!). Ein Feldweg führt entlang der landeseigenen Flächen und lassen die Schönheit und Wildnis des Gebietes erahnen.

Auf der anderen Seite hat ein Anglerverein sein Refugium. Außerhalb des Weges ist ein Betreten zum Schutz von Pflanzen und Tieren aus naheliegenden Gründen verboten. Ich bitte Sie daher eindringlich, nicht ins Gelände zu gehen. Hunde müssen natürlich wie in jedem Naturschutzgebiet angeleint werden, um die Wildtiere nicht zu stören.

Die übrigen Teile sind in Privatbesitz und dürfen nicht betreten werden.

Was wünschst du dir für die Zukunft für das Naturschutzgebiet?
Wirklich am Herzen liegt mir, dass wir die Gewässer dauerhaft erhalten. Dafür müssen wir den Wasserhaushalt des Gebiets optimieren: Wir brauchen einen Stau, um den Abfluss bei höheren Wasserständen zu vermindern. Und zumindest Teile der Gewässer müssen entschlammt werden. Die Zusammenarbeit mit den Pachtenden möchte ich weiter ausbauen, um sie noch besser für den Naturschutz einzubinden.

Und was ich mir ganz persönlich wünsche: Der Kammmolch möge hier auch langfristig ein Zuhause finden. Amphibien haben es mit dem Klimawandel besonders schwer. Und Kammmolche sind wirklich etwas Besonders: Mit ihrem Rückenkamm sehen die Männchen nämlich zur Paarungszeit wie eine Art Mini-Wasserdrache aus. Wirklich schön anzuschauen.

Steckbrief

Lage: Nordkreis Kleve, rechtsrheinisch, direkt an der niederländischen Grenze, südlich von Elten, westlich von Emmerich
Größe: 34 Hektar
Schutzstatus: Naturschutzgebiet, Teil des EU-Vogelschutzgebietes Unterer Niederrhein
Jahr der Ausweisung als Naturschutzgebiet: 2003
Landschaft und Naturraum: ein Mosaik aus über 30 Teichen, die durch Abgrabung künstlich angelegt wurden, Gehölzen, Weiden-Auenwald, feuchten Hochstaudenfluren und artenreichen Säumen
Einige seltene Pflanzenarten im Gebiet: Seekanne, Teichrose, Seerose, Wasserschlauch, Krebsschere, Tannenwedel, Froschbiss
Einige seltene Tierarten im Gebiet: Biber, Kammmolch, Kleiner Wasserfrosch, Keilfleck-Mosaikjungfer, Spitzenfleck, Seidensänger, Eisvogel, Pirol, Nachtigall, Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger
Ansprechpersonen: Ortrun Heine und Lena Wiest (stv.)

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